22. März 2022

Welch ein wunderbares Wunder!

Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder! Mit Blick auf den gestrigen Talk im Bock Nr. 206, der in der Leutkircher Festhalle stattfand, lässt sich diese freudige Feststellung gleich in zweifacher Hinsicht treffen. Zum einen vergingen wegen der Corona-Pandemie seit dem letzten Talk Anfang August 2021 volle acht Monate bis zum gestrigen TiB. Zum andern ist es ein schier unglaubliches Wunder, dass der Gast Thomas Lämmle (56) nach den schweren Verletzungen beim Gleitschirmunfall an Oberstaufens Hausberg Hochgrat wieder so weit auf die Beine gekommen ist, dass er - mit Krücken - seinen geliebten Kilimandscharo noch einmal erklimmen konnte, auf dem er vor dem Unfall 62 mal (!) gestanden war.

 

Als neue Moderatorin gab Nina Poelchau ihr sehr gelungenes Debüt. Davon konnten sich an die 90 Besucher überzeugen. Sie brachten stattliche 810 Euro in die Spendenkasse. Das Geld geht an "EXTREK-AFRICA", eine von Lämmle ins Leben gerufene Initiative mit Sitz in Waldburg. Der gemeinnützige Verein unterstützt mit Spendengeldern Menschen in Tansania, die normalerweise davon leben, Touristen auf Afrikas höchsten Berg zu bringen. So finden sie auch ihr Auskommen, wenn wegen der Pandemie oder der Regenzeit die dortigen Frauen und Männer ihre Lebensgrundlage verlieren, weil die Touristen ausbleiben. Durch Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen versucht der Verein, für stabilere Lebensverhältnisse zu sorgen. "Bergsteigen und dabei Gutes tun" lautet daher das Motto. Der in Aulendorf geborene und aufgewachsene Lehrer, Alpinist und Sportwissenschaftler spricht von "mein Sozialprojekt".

 

Erwähnung fanden auch der Extrembergsteiger Ralf Dujmovits (TiB-Gast im März 2010), der als erster Deutscher ohne zusätzlichen Sauerstoff alle 14 Achttausender, die im Himalaya das "Dach der Welt" billden, bezwang. Genauso wie der Südtiroler Reinhold Messner. Bis zu seinem Flugunfall am Gleitschirm brachte es Thomas Lämmle auf immerhin sieben der vierzehn Achttausender, darunter 2016 mit dem Mount Everest auch der welthöchste Eisriese.  

 

Vor seinem Unfall, sagt Lämmle, habe er den 5895 Meter hohen, im tansanischen Nordosten aufragenden Kilimandscharo - sage und schreibe - 62-mal bestiegen. Der nahe am Äquator stehende mächtige Vulkan wird von einer jetzt immer weiter schwindenden Eiskappe gekrönt. Beim Aufstieg werden in der Vertikale sämtliche globalen Klimazonen von den inneren "bockheißen" Tropen bis zur polaren Kältezone der Erde durchquert. Wegen der fortschreitenden Erwärmung soll die weiße Haube bis 2030 restlos verschwunden sein.

 

Was ein wirklich an Wahnsinn grenzendes Wunder ist: Lämmle schaffte es mit eisernem Willen, Trainingsfleiß und Leidenschaft, sich soweit wieder hoch zu arbeiten, dass er sein gesetztes Ziel tatsächlich in die Tat umsetzen konnte. Am 1. September 2021 schaffte er es, wohlgemerkt auf Krücken, den "Kili" noch einmal zu erklimmen. Nina Poelchau steuerte mit "Unterschätze nie die Kraft deiner Träume!" das dazu genau passende Zitat bei.

 

Der Unfall am Hochgrat, auf dem er "bestimmt 5000-mal" war, so oft, wie andere sich aufs Rad setzen, geschah vor zwei Jahren im April 2020. An eine Felswand geschleudert, wurde seine Hüfte zerschmettert. Innerlich verlor er dabei vier Liter Blut. Die Wirbelsäule war gestaucht. Es bestand der Verdacht auf Querschnittslähmung. Mit seinem Leben stand es spitz auf knopf. Der Ärzteschaft gelang es jedoch, mit Stangen und Schrauben Becken und Wirbelsäule erfolgreich zu stabilisieren, sein Überleben zu sichern. Natürlich stürzte der Unfall den Vater einer Patchwork-Family mit sechs Kindern in eine tiefe Lebenskrise, die er jetzt, wie in der Festhalle zu erleben, offensichtlich überwunden hat.

 

In Bälde möchte der Sonderschulpädagoge für Sport und Technik seinen Lehrerberuf wieder ausüben. Außerdem schwebt ihm vor, in Innsbruck seinen Doktor zu machen. Wir wünschen gutes Gelingen!