26. April 2023

75 Jahre wechselvolle Geschichte

In der heutigen Nachrichtensendung von BR24berichtete das Bayerische Fernsehen natürlich auch vom 75. Geburtstag des Staates Israel, den David Ben-Gurion 1948 gründete, indem er die Unabhängigkeitserklärung des neuen Staates unterzeichnete. Dazu gab es auch ein kurzes Interview mit unserem TiB-Gast von Januar 2016, Prof. Michael Wolfssohn. Der emeritierte Professor für Neuere Geschichte lehrte an der Universität der Bundeswehr in München-Neubiberg. Der deutsch-jüdische Historiker wurde zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1947 in Tel Aviv geboren.

 

"Oh ja" begann Wolfssohns Antwort auf Ursula Hellers Frage, ob ihm heute denn zum Feiern zumute sei. Denn 2000 Jahre lang seien die Juden wie eine Verfügungsmasse hin und her gewälzt worden. Mit der Staatsgründung erhielten sie 1948 endlich den lang ersehnten "sicheren Hafen". In Anbetracht der heutigen inneren Unruhen meinte Wolfssohn, dass Ben-Gurion sagen würde: "Oh, wir haben uns ja überhaupt nicht verändert". Mal gab und gebe es mal stärkere, mal schwächere Auseinandersetzungen, jetzt wieder eine sehr starke.

 

Und weiter: "Vergleichen Sie mal den Holocaust mit den heutigen inneren Spannungen! Ich glaube, dass Streit zur Demokratie gehört. Jede Demokratie birgt die Gefahr in sich, sich selbst abzuschaffen." Er erinnert an die ganz legal errungene Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 am Ende der ersten Demokratie auf deutschem Boden. "Also ganz klar: Die Demokratie ist immer gefährdet. Die inneren Auseinandersetzungen sind einerseits Fluch, andererseits zeigen sie, dass die Gesellschaft nicht bereit ist, staatliche Autorität einfach so hinzunehmen. Bei Wahlen beteiligen sich die Bürger an der Gestaltung des Gemeinwesens". Trotz allem bleibt Wolfssohn optimistisch.