Traditionellerweise war immer dann, wenn die Fußball-Nationalmannschaften von Deutschland und Österreich aufeinander trafen, von einem Duell zwischen David und Goliath die Rede. Das aber war nur einmal so, denn diese Zeiten sind längst verflossene Geschichte. Mit dem TiB-Gast von Mai 2012, dem damaligen sehr erfolgreichen Bundesliga-Trainer Ralf Rangnick (65) als rot-weiß-roten Nationaltrainer der Alpenrepublik haben sich unsere einst benachbarten Punktelieferanten schwer gemausert. Zugleich ist die deutsche Mannschaft, neuerdings mit Bundestrainer Julian Nagelsmann, ziemlich weit in der Bedeutungslosigkeit versunken. Nach der deprimierenden Berliner Heimpleite gegen die Türken sind die Deutschen, wenn sie heute Abend im ausverkauften Wiener Ernst-Happel-Stadion auf die Ösis treffen, sicherlich nur noch als Goliathchen nicht mehr in der Favoritenrolle.
Früher als Fußball-Professor verehrt, manchmal aber auch belächelt, hat der gebürtige Schwabe aus Backnang Österreichs Team zur Teilnahme an der EM geführt, die nächstes Jahr in Deutschland ausgetragen wird. Mit seinem Systemfußball hat er nicht nur Taktiken revolutioniert, sondern bewiesen, dass er damit Erfolg haben kann. Etliche Klubs, vor allem das Salzburger Red Bull-Imperium, haben sich Ralfs Profifußballmodelle zu eigen gemacht.
Wenn sich nachher Nagelsmann und Rangnick im früheren Prater-Stadion begegnen werden, dann wird man sehen, welche Früchte Rangnicks Wirken in den letzten 18 Monaten getragen hat. Mit den Erfolgen der Österreicher wächst natürlich auch deren Selbstvertrauen. Seinen analytischen Ton legte Rangnick jetzt auch nicht ab, wenn er vor Journalisten von einem "brisanten spannenden Duell" spricht. Wie in der Allgäuer Zeitung heute zu lesen ist, schob Rangnick noch hinterher: "Auf Vereinsebene würde man das heutige Testspiel als ein Derby bezeichnen". Im Austria-Team sticht der jetzt bei Real Madrid spielende David Alaba heraus. Aber auch andere Mitstreiter Alabas behaupten sich inzwischen bei europäischen Spitzenmannschaften.
