28. November 2022

Grenzen der Toleranz

Letzte Woche sprach Alt-Bundespräsident Joachim Gauck (82), unser TiB-Gast im März 2011, in der mit 650 Gästen gänzlich voll besetzten Memminger Martinskirche über Freiheit, Toleranz und ihre Grenzen. Natürlich äußerte er sich auch mit klarer Meinung zum noch immer anhaltenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine - ebenso zum Umgang mit der AfD. Die Memminger Zeitung gab ihn zu den angesprochenen Themen sinngemäß so wieder:

 

Die Lebensentwürfe und die Wertvorstellungen der Menschen würden immer vielfältiger. Manche empfinden das als Bereicherung, andere aber als Bedrohung. Daher sei ein friedliches Zusammenleben ohne gegenseitige Toleranz schwierig. Was man nicht darf, ist, alles in Gut und Böse einzuteilen. Toleranz müsse man lernen, sie habe jedoch ihre Grenzen. Zum Beispiel, wenn in islamischen Staaten Mädchen noch immer zwangsverheiratet werden.

 

Intoleranz müsse man auch Putin gegenüber zeigen. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine: "Das gibt es ganz klar Täter und Opfer". Verständnis für Putin sei auf gar keinen Fall gerechtfertigt. Stattdessen müssten die Europäer die Ukraine weiterhin nach besten Kräften hilfreich unterstützen.

 

Im Süden Deutschlands gibt es nach Gaucks Einschätzung eine gut funktionierende Zivilgesellschaft. In den östlichen Bundesländern sei das jedoch anders. Die Ursache dafür sieht er in den Jahrzehnten der DDR-Diktatur. Davon ausgehend, hält er die AfD für "verzichtbar", auch wenn sie für besorgte Menschen mit vermeintlich einfachen Lösungen wie ein Rettungsanker sei. Sich mit dieser Partei in Debatten auseinanderzusetzen, bezeichnet der 1940 in Rostock geborene Hanseate als "kämpferische Toleranz".