20. Dezember 2023

In der Bredouille

Als der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (58) im Februar 2019 Jubiläumsgast im 200. Talk im Bock war, jubelte ihm das stattliche Saalpublikum ganz begeistert zu. Jetzt erlebte er bei den Bauernprotesten in Berlin das genaue bittere Gegenteil. Die aus allen Teilen der Republik mit Tausenden von Traktoren in die Hauptstadt angereisten Landwirte machten ihm förmlich den Garaus. "Hau ab! Hau ab!" und "Neuwahlen, Neuwahlen!" skandierten sie unerbittlich lautstark, um ihren Protest gegen die Streichung der Agrarsubventionen Luft zu verschaffen. Hin und her gerissen neben dem zorneslüsternen Präsidenten des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, stehend, war ihm anzusehen und förmlich mit Händen zu greifen, dass er sich ganz gehörig in der Bredouille befindet. Als Mitglied der regierenden Ampel trägt er den Beschluss der Subventionsstreichung mit und demonstrierte jetzt dagegen. Seinen Leuten überzeugend klarzumachen, dass dieser Schritt unumgänglich ist, das gleicht der Quadratur des Kreises. Für die Bauern ist Özdemir jetzt ein rotes Tuch.

 

Der Landwirtschaftsminister hat sich darauf einstellen können, dass der Ton gegen ihn rau werden würde, sehr rau. Als er an das Mikrofon tritt, setzt ein Pfeifkonzert wie im Fußballstadion ein. "Ich halte das aus. Ich war mal Handballtorwart. Ich werde dafür bezahlt", ruft er gegen die Mauer aus Ablehnung. Deren Proteste werden noch lautstärker.

 

Özdemir versucht die Leute zu kriegen, steht in Augsburger Allgemeine zu lesen, indem er ihnen signalisiert, dass er ja eigentlich ihr Verbündeter ist. Dass sie ihn brauchen, wenn sie die Kfz-Steuerbefreiung für Landmaschinen und das Dieselprivileg erhalten wollen. Dass nur er den großen Drei der Regierung - Scholz, Habeck, Lindner - das Geld aus den Rippen leiern kann. "Sie wollen doch mir diese Botschaft mitgeben, damit ich sie am Kabinettstisch sagen kann", ruft er in die Menge. Das gewaltige Hupen eines 12-Tonnen-Häckslers übertönt ihn. Ein "Wir" zwischen Landwirtschaftsminister und Landwirten gibt es nicht mehr...